Quelle: DIE MACHER
Exportschlager Punkrock – SBÄM
Es lässt sich ohne Übertreibung schreiben: Birgit und Stefan Beham sind momentan die gefragtesten Jungunternehmer:innen Österreichs, wahrscheinlich sogar weit darüber hinaus. Welches Gründerteam kann schon behaupten, bei seiner Arbeit tagelang von einem US-amerikanischen Kamerateam für eine geplante, mehrteilige Netflix-Doku begleitet zu werden? Oder problemlos Termine bei den Stars von Blink-182 oder Schauspieler:innen von „American Pie“ oder „The Big Bang Theory“ zu bekommen? Eben. Ihre Branche ist nicht unbedingt eine, in der man ein schnell wachsendes, weltweit expandierendes Jungunternehmen aus Oberösterreich vermuten würde: Punkrock. Die beiden wollen mit „SBÄM“ eine globale Brand für die Musikrichtung erschaffen, als Label, Ersteller von Artworks für Bands und Veranstalter von Konzerten, Musikfestivals und anderen Events.
Dabei hat alles ganz klein begonnen. „Ich war ein Fanboy, der Merchandise-Artikel für Punkbands gemacht und ihnen geschickt hat, damit ich sie treffen kann und auf Gästelisten komme“, erinnert sich Stefan Beham zurück und lacht. Nebenbei veranstaltet er kleine Festivals und Konzerte. Doch die Bands wollen immer mehr – und aus dem Spaßprojekt wird langsam Ernst. Stefan, davor Artdirektor bei Agenturen in Linz, Hamburg und München, konzentriert sich nun voll auf sein eigenes Unternehmen. „Die Firmengründung war Ende 2018, drei Jahre später haben wir hier eröffnet“, sagt Birgit Beham auf dem Sofa des kleinen SBÄM-Büros an der Oberen Donaulände in Linz. Früher wurden im ehemaligen „Ost“ Getränke gehoben, heute Konzerte geplant. In Regalen stapeln sich Platten verschiedener Bands und Merchandise – von Kleidung bis zu Skateboards. „In der Gründungsphase des Unternehmens war die Unterstützung durch tech2b bei der Erstellung eines professionellen Business- und Finanzplans enorm wertvoll.
USA-Niederlassung und Wirtschaftsoscar
Spätestens seit dem „SBÄM-Fest“ in der Tabakfabrik – mit 8.000 Besucher:innen das größte Punk-Festival Österreichs – ist das Unternehmen bekannt. „Viele haben in den letzten eineinhalb Jahren gemerkt, dass es ziemlich cool ist, dass es uns gibt“, sagt Birgit. Das war nicht immer so. Stefan: „Punk ist nicht besonders salonfähig, manche glauben, das sind halt die, die auf der Straße schnorren oder bei der Demo in der ersten Reihe stehen, wenn es eskaliert, da war es schwierig, Sponsoren zu finden.“ Nachsatz: Natürlich sei Punkrock politisch, trotzdem gäbe es viele unbegründete Vorurteile. Auch vor dem Fest in der Tabakfabrik sei Nervosität spürbar gewesen. „Am Ende war eine super Stimmung, der Linzer Polizeipräsident hat, natürlich nach seiner Dienstzeit, ein Bier mit uns getrunken und sich bedankt.“ Auch das US-amerikanische Filmteam hat die beiden Gründer:innen in der Tabakfabrik und bei der Planung begleitet. „Am Anfang ist es natürlich gewöhnungsbedürftig, wenn man auf Schritt und Tritt verfolgt wird, aber später war es dann so, wie wenn man mit Freund:innen unterwegs ist“, sagt Birgit. Geplant ist eine Doku der Geschichte des Punks von den 90er Jahren bis jetzt, viel davon wird in den USA gedreht. Produzent ist Pantaleon Films von Matthias Schweighöfer. „Wir haben in Los Angeles zahlreiche Interviews mit Szeneikonen gehabt, Shows besucht, wichtige Partner getroffen und Pop-up-Stores in Skateboard-Läden installiert.“
Von der kalifornischen Außenstelle der Wirtschaftskammer wurde SBÄM deswegen gemeinsam mit drei anderen österreichischen Startups, die im amerikanischen Bundesstaat Fuß fassen wollen, für den „Wirtschaftsoscar“ nominiert. Momentan entsteht gerade ein SBÄM-Standort in Arizona. „Der amerikanische Markt ist sehr wichtig für uns“, erklärt Beham, „beim Fortgehen in Los Angeles haben wir Leute getroffen, die unsere Shirts anhaben, das ist schon irre.“ Zukünftig wollen die beiden etwa die Hälfte des Jahres in den USA verbringen, bald geht es zur Eröffnung eines Punkrock-Museums in Las Vegas. Die Szene sei eingeschworen und würde viel aufeinander halten. Auch die Anforderungen von Bands – die größten Acts kommen mit einer Entourage von bis zu 60 Mitarbeiter:innen – seien sehr human. „Starallüren oder besondere Wünsche gibt es eigentlich kaum. Einmal kam die Anfrage, ob wir Heroin besorgen können, aber solche Wünsche gibt es im Musikbusiness eben.“
Punkrock und wirtschaftliches Denken: Für Stefan Beham ist das kein Widerspruch. „Sonst dürftest du ja als Band nicht einmal Platten oder Merch verkaufen. Wenn man mit einem guten Grundgedanken herangeht, auf Regionalität setzt, schließt sich das nicht aus. Natürlich muss man nicht jeden Deal annehmen oder mit irgendwelchen Firmen kooperieren, die Leute ausbeuten. So etwas würden wir nie machen.“ Zum SBÄM-Fest wurden NGOs wie etwa Viva con Agua, Amnesty International oder Kein Bock auf Nazis eingeladen. Besonders wichtig sei den Gründer:innen die Nachwuchsarbeit. Bei jedem Event gibt es ein fixes Kontingent an Gratiskarten – Besucher:innen unter 18 Jahren müssen nichts zahlen. Birgit Beham: „Wir wollen junge Menschen für die Musik begeistern.“ Das scheint zu gelingen. „Letztens hatten wir in der Linzer Stadtwerkstatt eine Show mit einem 78-jährigen Sänger – und die Hälfte des Publikums war unter 25 Jahre alt.“