Spin-off neu gedacht

Tech2b Geschäftsführer Raphael Friedl und seine Sicht auf die Neuausrichtung von Spin-offs an den Hochschulen.

Unsere Universitäten sind Wirkstätte vieler genialer Köpfe, die laufend neue Erkenntnisse zu Mensch, Natur und Technik erarbeiten. Hunderte Gespräche, die ich im Laufe der Jahre mit Forscher:innen geführt habe, bestätigen: Ihre Erfindungen oder Entdeckungen haben mannigfaltiges Potential, unsere gerade jetzt wieder einmal besonders herausfordernd erscheinende Zukunft etwas besser bewältigen zu können.

Meine Erfahrung aus einem Jahrzehnt Gründungsarbeit zeigt aber auch: Der Weg von einer wissenschaftlichen Entdeckung zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Lösung ist weit und von vielen Hindernissen geprägt. Das beginnt schon mit der grundlegenden Haltung von Institutionen was die wirtschaftliche Verwertung betrifft. Eine einfache und schnelle Lösungsfindung für die Umsetzung der Ideen zu Unternehmen hat nicht immer Priorität und kann fallweise  langwierig und kompliziert sein.

Meine eigene Überzeugung dazu ist, dass mit öffentlichen Geldern generierte Erfindungen und Technologien von größtmöglichem Nutzen für die gesamte (nicht nur, wie im Fall von Fachpublikationen, für die akademische) Gesellschaft sein sollten. Daher finde ich, sollten wir eine möglichst weitreichende Verbreitung und Nutzung der Ideen, Produkte oder Technologien anstreben. Neben der Forschung und der Lehre kann insbesondere die kommerzielle Verwertung von Forschungsergebnissen hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten.

Aber auch abseits meiner persönlichen Ideologie und obwohl Spin-offs zugegebenermaßen selten eine finanzielle Rendite für ihre Alma Mater erzielen, gibt es einige sehr gute Gründe, warum Unis mehr Erfindungen ausgründen sollten:

  • Viele heute bekannte Beispiele der Digitalwirtschaft zeigen, dass wirklich großartige, radikal neue Technologien besser und schneller über Spin-offs als über etablierte Unternehmen verbreitet wurden.
  • Zusammen mit der Lizenzierung an bestehende Unternehmen sind Spin-offs eines der beiden international bewährtesten Modelle, um Investitionen in ein an einer Hochschule entwickeltes Technologiekonzept sicherzustellen.
  • Spin-offs können großartige Vermarktungsmöglichkeiten für Universitäten darstellen und dazu beitragen, Finanzmittel und hochqualifizierte Studenten und Mitarbeiter anzuziehen.
  • Spin-offs haben einen positiven Rückkopplungseffekt für ihre Hochschule, an der sich ForscherInnen aufgrund von Interaktionen mit diesen Unternehmen stärker auf lukrative aufstrebende Technologiebereiche konzentrieren.

Was bräuchte es also, damit wir als Gesellschaft in den Genuss dieser schönen Effekte kommen dürfen?
Zunächst mal ein klares und deutlich sichtbares Bekenntnis unserer Hochschulen, die wirtschaftliche Verwertung von Forschungsergebnissen als „dritte Mission“ neben Forschung und Lehre anzunehmen. Das wäre ein erster Schritt, den genialen, unternehmerisch denkenden Köpfen an unseren Unis Wertschätzung entgegenzubringen und es ihnen etwas leichter zu machen, ihren Beitrag für unser aller Zukunft zu leisten.

Gibt es denn diese unternehmerisch denkenden Köpfe?
Ja! Tatsächlich haben viele Forscher:innen, mit denen ich in den letzten Jahren sprechen durfte, durchaus den Willen, selbst weiter an der Anwendung ihrer Forschungsergebnisse zu arbeiten. Zwei, die ich seit längerem begleite, haben sogar jeweils über ein Jahr für das Recht gekämpft, die von ihnen selbst an der Uni gemachten Erfindungen als Unternehmer:innen nutzen zu dürfen. Ein wichtiger zweiter Schritt wäre deshalb die Schaffung transparenter, verständlicher und langfristig verlässlicher Rahmenbedingungen für die Nutzung des geistigen Eigentums, das an den Unis erarbeitet wurde.

Und wie könnten wir auch die weniger Hartnäckigen unterstützen, ihre Ideen möglichst weit zu verbreiten?
Das Sahnehäubchen einer gelungenen Verwertungsstrategie ist eine aktive und professionelle Serviceinfrastruktur, die Bewusstsein für die Chancen einer Verwertung schafft, Forscher:innen unterstützt, zur richtigen Zeit die für ihre Entdeckung richtigen Schritte setzt und Kontakt zu geeigneten Verwertungspartnern wie z.B. tech2b herstellt.

Und das beste zum Schluss
Im Vergleich zu dem, was wir heute an öffentlichen Mitteln in Forschung investieren, kostet das alles praktisch nichts extra! Wir haben an unseren Hochschulen viele faszinierende technische Forschungsergebnisse, die keinen internationalen Vergleich scheuen brauchen. Wir sollten den Weg ebnen, durch ein klares Bekenntnis zur Ausgründung, einfache und transparente Prozesse sowie guten Service, die genialen Erfindungen an unseren Unis zum wirtschaftlichen Erfolg für uns alle werden zu lassen!

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