Landschaftsmalerei 4.0

Berlin, zwei Tage vor dem Berlin Marathon 2017 am letzten Septembersonntag: Auf dem Rondell um die Siegessäule fährt ein Kleinbus mit österreichischen Kennzeichen vor. Wenig später rollt der Pixelrunner auf Schienen aus dem Bus. Von seinem Fahrer bekommt das gelb-schwarze Raupenfahrzeug in bestem Industriedesign noch eine Tankfüllung Farbe verabreicht. Dann wird sein Arbeitsbereich abgesteckt, und wenig später steuert das schnittige Elektromobil zielstrebig auf den ersten der vier Rasenquadranten zu Füßen des Berliner Wahrzeichens zu. Dort zieht er eine nach der anderen seine Bahnen. Kurz darauf prangt vor den Augen der erstaunten Passanten auf dem Grün das Logo der populären Laufveranstaltung. In vierfacher XXL-Ausfertigung, exakt in weiß aufgesprüht.

Da schaut die Super Bowl alt aus
Dank perfekter Größe für die sportsonntäglichen Pressefotos und Fernsehbilder aus der Vogelperspektive können sich die Veranstalter und der Hauptsponsor – ein deutscher Autohersteller – maximalen Werbewertes sicher sein. Und das bei überaus schlanken Gestehungskosten.
Die Kostenersparnis gegenüber herkömmlichem Topobranding ist nur einer der vielen Trümpfe des weltweit ersten Landschaftsdruckers respektive "Large Area Landscape Printer", wie Rainer Kargel von der Pixelrunner Entwicklungs- und Produktionsgesellschaft mit Sitz in Hagenberg vorrechnet: "Vor der Super Bowl im American Football sind immer noch ganze Teams damit beschäftigt, die Logos in vielstündiger Arbeit mit Hilfe einer riesigen Stanze aus Plastikfolie händisch auf den Rasen zu malen. Der Pixelrunner macht so einen Job in einem Bruchteil der Zeit und kommt mit einem lokalen Helfer plus Fahrer aus." Nachsatz: "Und selbst den braucht es ab Jänner 2018 nicht mehr, wenn wir in Serie gegangen sind."

Druckt 50 m2 pro Minute
Mit dem Pixelrunner können Außenwerber und Eventveranstalter praktische jede Oberfläche im Freien  nun nicht nur zu unwiderstehlichen Konditionen temporär mit Logos überziehen. Auch was die maximal mögliche Größe betrifft, sind alle Schranken gefallen: Der Pixelrunner bedruckt jede gewünschte Fläche, sei sie nun ein paar dutzend oder viele tausend Quadratmeter groß. In drei Farben pro Durchgang und 10 x 10 Zentimeter Pixelgröße bei einer Druckleistung von 50 Quadratmeter pro Minute. Egal, ob Rasen, Asphalt oder Schnee – Hauptsache, der Untergrund ist halbwegs plan. Die mustergültig ökologischen Farben mit Gütebestätigung des Umweltbundesamtes halten so lange, wie der Kunde wünscht. Viele Wochen oder nur ein paar Tage, wie beim Berlin Marathon bestellt.

Der Logospezialist für Motorsport und Co
In nicht einmal zwei Jahren hat sich der Pixelrunner bereits Meriten verdient, die sich überall sehen lassen können: Im internationalen Motorsportzirkus sorgt er für die telegen platzierten Logos in Kurven und Schikanen, und auch Events wie der Wings for Life Worl Run in Wien setzen beim Bildmarkensetzen im Freien auf den Pixelrunner.

"Das ist eigentlich umso ansehnlicher, als wir ja mit unserem Prototyp unterwegs sind", sagt Kargel zur internationalen Erfolgsfahrt des Digitaldruckers auf Raupen.
Begonnen hat sie im Mühlviertel in der sprichwörtlichen Garage, in der die Blutsbrüder Ronald Schaumberger und Christian Saminger seit ihrer Jugendzeit gemeinsam zuerst an Mopeds, dann an Autos und schließlich am Vorläufer des Pixelrunner geschraubt haben. Aus purer Neugier und Freude am Tun.  "Der Urpixelrunner war eine umgebaute Unkrautspritze", berichtet Kargel. Dass daran heute nichts mehr erinnert, liegt zu einem guten Teil an ihm, dem langgedienten Marketingprofi, der in Linz zu den Pionieren des Design Thinkung zählt. Einen wie ihn suchen Schaumberger und Saminger, als sie sich ihrer Sache für's Erste technisch sicher sind: Jetzt müssen Werbung und Vertrieb her. Ein gemeinsamer Bekannter aus dem Mechatronikmilieu bringt Kargel und das Duo zusammen. "Als klar war, dass es wirklich funktionieren kann, habe ich auf darauf gepocht, dass das Ding ein erstklassiges Design und einen guten Namen bekommt", erinnert sich Kargel.

Ab 2018 reicht ein Tablet
Seine Wünsche sollen in Erfüllung gehen. Im August 2016 gründen Kargel, Saminger und Schaumberger unter Beteiligung einiger Business Angels die Pixelrunner GmbH und beziehen ein Office in Hagenberg. Schaumberger und Saminger kümmern sich mit verschiedenen Partnern um die technische Entwicklung, Kargel um das Geschäftliche. Ebenfalls nicht ohne Unterstützung: "Einer unserer wichtigsten Wegbegleiter ist Philipp Kranewitter, der immer für uns da ist und mit uns wie ein echtes Teammitglied auf unsere Ziele hinarbeitet", wie Kargel sagt. Nach aufwändigem Design- und Entwicklungsprozess, in den eine knappe Million Euro an Kapital und Förderungen fließt, ist der Pixelrunner nun serienreif. Im Jänner 2018 kommt die neue selbstfahrende Gerätegeneration auf den Markt; ein Tablet reicht, um Druckmotive und Steuerbefehle einzugeben.

Ein Weltrekord wackelt, ohne es zu wissen
Großveranstalter können sich dann einen eigenen Pixelrunner zulegen. Kargel: "Wir mutieren damit aber nicht zum reinen Hersteller, sondern bleiben weiter Dienstleister, denn ohne Rückkoppelung zur Praxis gibt es keine Weiterentwicklung."
Deren Stoßrichtung ist bereits klar: Sie geht hin fotorealistischem Bilderdruck direkt auf Grund.
Auch das nächste As haben die Landschaftsdrucker schon im Talon. Und zwar Bodenwerbung in den Einflugschneisen großer Flughäfen. 2018 wollen Kargel, Saminger und Schaumberger das erste Projekt realisieren. Mit einem 30.000-Quadratmeter-Motiv. "Der entsprechende Weltrekord liegt derzeit bei 15.000", sagt Kargel sportlich, "und den wollen wir nicht nur ein bisschen übertreffen, sondern gleich so richtig."

Bild: tech2b / Andreas Balon

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