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Kleines Oberösterreich, große Welt: Start-ups im Labyrinth der Trends

Trends sind wieder im Trend. Die auf Hochtouren laufende Digitalisierung beschert Zukunftsforschern erneut Hochkonjunktur. Denn so gewiss die Unausweichlichkeit grundlegender Veränderungen vieler Branchen und Lebensbereiche ist, so unklar bleibt, wohin diese Veränderungen führen werden. Dementsprechend groß ist die Sehnsucht, der ungewissen Zukunft per Trendanalyse plausible Szenarien abzuringen.
Was die Zukunft bringen wird, ist auch eine der Kernfragen, über die in Oberösterreichs Standortagentur Business Upper Austria nachgedacht wird. Ebenso wie im oberösterreichischen Inkubator tech2b, an dessen Betriebsgesellschaft die Business Upper Austria 50% der Anteile hält. Hier wie dort gilt, dass der Blick in die Zukunft eine Frage der Perspektive ist, wie Biz-Up-Geschäftsführer Werner Pamminger sagt: "Die Europäische Union sieht andere Megatrends als die Vereinten Nationen oder die High-Tech-Konzerne."

Faktorenquartett Zukunft
Für Oberösterreich hat der Standortmanager vier "Grand Challenges" ausgemacht, die einander mehrfach wechselseitig bedingen. Das ist zuerst einmal die Weiterentwicklung der klassischen Industrie, die zwischen dem Salzkammergut und dem Mühlviertel für ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes sorgt. "Damit haben wir eine extrem hohe Wertschöpfung aus der Fertigung", unterstreicht Pamminger den volkswirtschaftlichen Stellenwert der heimischen Industrieproduktion, die – und das ist bereits die zweite Grand Challenge – durch die Digitalisierung die Chance habe, ihre Wertschöpfung zu erhöhen und ihre Position weiter auszubauen. Die Produktion werde bald derart billig, dass sich die Heimholung nach Fernost ausgelagerter Fertigungen wieder lohne. "Wir stehen hier vor einer Reindustrialisierung", ist auch Markus Manz vom Inkubator tech2b zuversichtlich.

Eine Frage der Energie
Die Reindustrialisierung verlangt jedoch buchstäblich nach neuer Energie: Oberösterreich ist aufgrund seiner Industriebetriebsdichte schon jetzt das Bundesland mit dem höchsten Energiebedarf. Daher ist die Energiefrage Oberösterreichs dritte Zukunftsfrage. Die Würfel fallen jedoch nicht in Linz, ist Pamminger sicher, sondern in Brüssel, wo die gesamteuropäische Energiepolitik definiert wird. Ohne Energie keine Industrie, aber auch keine Mobilität. Sie komplettiert das Quartett der oberösterreichischen Herausforderungen insofern, als ein Viertel des bundesländlichen Bruttoinlandsproduktes direkt von automobiler Wertschöpfung vor allem der deutschen Industrie abhängt. "Oberösterreich ist die Heimat der Zulieferindustrie", erklärt Pamminger, "selbst die meisten unserer IT-Betriebe sind und führen keine Marken, sondern sind ein Glied in der Zulieferkette."

Internationalisieren, aber schnell
Es sich dort gemütlich zu machen, ist ein Ding der Unmöglichkeit geworden, hat Markus Manz beobachtet: "Wir sehen, dass Klein- und Mittelbetriebe wie auch unsere Start-ups heute viel schneller und umfassender internationalisieren müssen als früher. " Die althergebrachte Strategie, ein Land nach dem anderen zu erschließen, funktioniere nicht mehr. Der Grund dafür liege in der angestammten Rolle oberösterreichischer Betriebe, sagen Manz und Pamminger unisono. Die besteht darin, den hochspezialisierten Nischenplayer zu geben. Allein schon der globalen Größenverhältnisse wegen sei die Nische das natürliche Ökotop oberösterreichischer Unternehmen: "Ein Betrieb, den wir in Oberösterreich zu den Großen zählen, ist jenseits der Grenze in Deutschland zumeist bloß ein Mittelständler", erklärt Pamminger. Den ganz Großen aus der Nische heraus zuzuarbeiten, bedeute eben auch, mehr getriebene als treibende Kraft zu sein.

Die Getriebenen der Globalisierung
Dieses Getriebensein erstreckt sich auch auf die besagte Internationalisierung. "Die Großkunden nehmen unsere Klein- und Mittelbetriebe nach China und anderswohin mit", beschreibt Pamminger die Dynamik. "Wenn sie nicht mitgehen wollen, wird sich der Konzern eben einen anderen Partner suchen und ihn zu einem neuen Konkurrenten für den Oberösterreicher aufbauen." Ohne die Abhängigkeitsverhältnisse zu leugnen, sieht Markus Manz die Sonnenseite dieser Entwicklung: "Die Globalisierung ermöglicht auch einem Start-up, seine Spezialisierung weltweit auszuspielen und damit viele Märkte schnell für Mitbewerber zu sperren, indem er die entsprechende Nische dort früh besetzt."
Dabei gereiche den Start-ups ihre Wendigkeit zum entscheidenden Vorteil. Wendigkeit ist auch gefragt, wenn man langfristig bestehen wolle, merkt Pamminger an: "Viele Unternehmen brauchen jedes Jahr einen zweistelligen Umsatzzuwachs, um profitabel zu bleiben. Die Margen sinken ständig, was man nur durch permanente Produktivitätssteigerung und mehr Volumen ausgleichen kann."

Wunsch und Wirklichkeit
Dass darüber dem einen oder anderen Start-up die Luft ausgeht, hat nach Manz' Beobachtung oft mit einer Fehleinschätzung von Trends zu tun: "Viele Start-ups werden von Menschen gegründet, die menschliche Probleme aus ihrer persönlichen Lebenswelt in ihrer Lebenswelt zu lösen versuchen." Diese Alltagsprobleme würden zwar häufig gesellschaftliche Probleme abbilden, die wieder im Zusammenhang mit Megatrends stünden, aber oft verkalkuliere man sich da, bedauert Manz: "Manche Gründer überschätzen den Problemlösungsbedarf, weil sie vermeintliche mit echten Problemen verwechseln." Den besten Schutz dagegen bietet eine Strategie, die sich auch beim Bewerten von Trends immer wieder bewährt: Die eigenen Hoffnungen und Wünsche nicht mit der Wirklichkeit zu verwechseln.

Foto: Pixabay

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