Goldgräber- und Endzeitstimmung in einem

[Quelle: CHEFINFO Sonderausgabe]

Die Corona-Krise traf besonders Jungunternehmer und Gründer von Startups hart. Viele von ihnen kämpfen ums Überleben, aber es gibt auch einige „Gewinner“, wie tech2b-Geschäftsführer Raphael Friedl weiß.

Pauschal gefragt: Wie geht es Startups seit Ausbruch der Corona-Krise?
Friedl: Es ist sehr zwiegespalten. Es gibt Krisengewinner, die mit ihren digitalen Produkten nach wie vor hohes Wachstum und sogar neue Investoren vermelden können, und es gibt einige, die vor dem Aus stehen. Es ist also ein Mix aus Goldgräberstimmung und dem Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein. Branchen, die vor kurzem noch Hypebranchen waren, brach teilweise der Markt völlig weg, wie Machine Learning oder Künstliche Intelligenz. Branchen wie digitale Kommunikation, Lieferservices, Biotech oder Cybersecurity stehen auf der Gewinnerseite.

Die Regierung kündigte ein eigenes Startup-Paket an. Wie wird das funktionieren?
Friedl: Es gibt drei große Hilfen. Erstens die Stundungen diverser Abgaben bzw. das Kurzarbeitsmodell. Zweitens: Überbrückungsgarantien der AWS. Da gab es anfangs Schwierigkeiten, weil viele Startups die Bonitätskriterien nicht erfüllten. Da wurde aber nachgebessert. Und drittens Instrumente der Eigenkapitalstärkung bzw. Garantien gegenüber Investoren. Das könnte der große Wurf sein, doch es fehlt noch an detaillierten Richtlinien. Hier heißt es schnell sein, denn jeder verlorene Tag ist eine Katastrophe.

Dennoch gibt es Erfolgsmeldungen von hohen Investments und Exits, wie kürzlich dem Einstieg des KSV1870 beim Linzer Cybersecurity-Startup Nimbusec oder dem Exit des Lieferdienstes Velonto.
Friedl: Diese Deals wurden natürlich lange vorher vorbereitet, doch es zeigt ein Vertrauen in die Startups. Das Vertrauen der Investoren ist nicht verloren gegangen und das zeigt, dass es einen Glauben an ein „Danach“ gibt. Es zeigt auch, dass Startups wertvolle Lösungen anbieten. Vor der Krise war sehr viel Geld vorhanden und das ist natürlich nicht verschwunden.

Rechnen Sie damit, dass die Zahl an Startup-Gründungen durch die Krise zurückgehen könnte?
Friedl: Das ist eine spannende Frage. Bei der Bankenkrise 2008 ist die Zahl der Gründungen sogar gestiegen, weil hoch qualifizierte Personen keinen adäquaten Job mehr fanden. Seitdem hat sich das Ökosystem weiterentwickelt. Vielleicht steigt die Zahl sogar, weil es weniger attraktive Arbeitsplätze geben wird. Das setzt aber auch voraus, dass Kapital verfügbar bleibt und das es keine Mittler wie Banken oder Investoren braucht. Ein solches Instrument wären etwa stille Beteiligungen. Außerdem ist die Startup-Kultur eine völlig andere. Gründer haben eine andere Persönlichkeitsstruktur, sie wollen sich selbstständig machen. Der Drang nach Unabhängigkeit ist größer als Sicherheitsdenken. Das wird sich nicht verändern. Wir stellen auch nicht unseren Betrieb ein, sondern nehmen nach wie vor Startups in unsere Programme auf. Die Zahl der Bewerbungen bleibt konstant. Die Ideen gehen nicht aus.

Unsere Titelstory beschäftigt sich mit Social- und Eco-Entrepreneuren. Könnten diese auch Krisengewinner sein?
Friedl: Durchaus. Ihre Themen bekommen nun mehr Rückenwind. Durch Corona wurde uns klar, dass es nicht so weitergehen kann. Eine Wirtschaft, die auf stetigem Wachstum basiert, wird nicht funktionieren. Social Entrepreneure verknüpfen Sinn und gesellschaftlichen Impact mit technischer Innovation.

Raphael Friedl Der gebürtige Salzburger (36) kam zum BWL-Studium nach Linz, lernte hier seine Frau kennen und ist seitdem Wahl-Oberösterreicher. Er war in der Forschungsförderung tätig, ehe er 2013 als Gründungsberater zu tech2b wechselte. Seit 2019 ist er Geschäftsführer des Start-up Inkubators.

tech2b Geschäftsführer Raphael Friedl

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