GoldenEye On Fire
Markus Groiss' Start-up GROMA 247 hat eine filmreife Entstehungsgeschichte und eine große Zukunft in der Brandverhütung von morgen.
James Bond und die Groiss-Oma: Das sind die zwei, die jeweils auf ihre Art Pate für Markus Groiss' Start-up GROMA247 gestanden sind. Dessen Geschichte beginnt sozusagen zufällig in Gmunden, wo 2014 die Seilbahn auf den Grünberg neu gebaut wird. Das Projekt verlangt nach einem umfangreichen Sicherheitskonzept: Nahe der Talstation überspannen die Seile bebautes Gebiet, was die Behörden gar nicht gerne sehen. Denn ein Brand im Nahbereich der Seilbahn könnte so verheerende Folgen haben wie bei der Katastrophe in Kaprun, nach der die Sicherheitsvorschriften für das Seilbahnwesen verschärft worden sind. Der Brandschutzfachmann Fritz Posch aus der Gosau stellt sich der Herausforderung, einen feuersicheren Seilbahnbetrieb unter den prekären Bedingungen am Fuße des Grünbergs zu gewährleisten. Sein Brandschutzplan sieht unter anderem vor, die Häuser unter der Seilbahn mit Brandmeldern auszustatten.
"Wir machen das mit GoldenEye!"
Soweit, so gut. Bloß, dass mitten in der letzten Genehmigungsverhandlung – die Seile sind schon gespannt und die Kabinen per Tieflader bereits montagefertig in Gmunden eingetroffen – mehrere Hausbesitzer plötzlich ihre Zusage widerrufen. Weil ihnen die regelmäßige Überprüfung der Brandmelder auf ihren Liegenschaften durch Servicetechniker auf einmal ein unzumutbarer Aufwand scheint.
Eine Stresssituation pur, in der Posch hektisch nach Lösungsmöglichkeiten sucht – und sich auf einmal des James-Bond-Streifens "GoldenEye" entsinnt, den er am Vorabend gesehen hat.
Eine der Hauptrollen darin spielt das namensgebende Satellitensystem, dem nichts auf der Welt entgeht. Ohne nachzudenken ruft Posch: "Das kriegen wir hin! Wir machen das mit GoldenEye."
Daraufhin wird der Einbau eines Infrarot-Überwachungssystems als künftige Sicherheitslösung ins Protokoll aufgenommen. Nun ist der Brandschutzexperte dem Seilbahnbetreiber im Wort.
Wer, fragt sich Posch in seiner Not, könnte so ein GoldenEye für Gmunden bauen? Die Antwort lautet: Markus Groiss, seines Zeichens Österreichs damals jüngster Spezialist für Infrarotthermografie und wie Posch Mitglied des Be-Ing-Expertennetzwerkes für Behördenverfahren.
Tausendmal alarmiert, tausendmal ist nix passiert
Groiss nimmt es sportlich und den Auftrag an. In seinem Ingenieurbüro in Schöndorf unweit von Freistadt findet der Mittdreißiger mit Wurzeln in Linz binnen eines halben Jahres eine Lösung für die Grünberg-Seilbahn – und erfindet zugleich eine völlig neue Technologie: Ein Infrarotüberwachungssystem mit der Fähigkeit, ein echtes Feuer binnen Sekunden zum Beispiel von einer heiß gelaufenen Bremse, Sonnenreflexionen auf einem Autodach oder einem im Garten angeheizten Griller zu unterscheiden.
"Andere Systeme können diese Unterscheidung nicht treffen", erklärt Mess- und Regeltechniker Groiss, "und brauchen daher einen menschlichen Überwacher, der beim Anschlagen des Systems entscheidet, ob Brandalarm zu geben ist. Oder die Systeme produzieren einen Fehlalarm nach dem anderen – da sagt die Feuerwehr dann nach dem zehnten vergeblichen Einsatz: Geh bitte, dreht's das Ding wieder ab."
Seinem Kollegen Posch und der Grünberg-Seilbahn hat Groiss mit seiner revolutionären Lösung eben soviel Kummer erspart wie der Freiwilligen Feuerwehr von Gmunden: "Bei der Talstation haben wir jedes Jahr 1.000 bis 1.500 Ereignisse, die ein herkömmliches System als möglichen Brand einstufen würde. Wir haben bis dato keinen einzigen Fehlalarm gehabt."
"Oberösterreich heute" zündet den Funken
Als das Projekt am Traunsee abgeschlossen ist, passiert weiter nichts. Groiss wendet sich wieder anderen Ingenieursarbeiten zu. Bis sich 2015 ein Seilbahnbetreiber meldet, der auch so ein System wie die Branchenkollegen im Salzkammergut installiert haben will. Da wird Groiss schlagartig klar, welches Potenzial in seiner Entwicklung eigentlich steckt: 100% zuverlässige Brandüberwachung rund um die Uhr, selbst auf kilometergroßen Flächen. Auf Lagerflächen, in Industriehallen und Recyclinganlagen, bei Großveranstaltungen, in großen Hallen wie Flugzeughangars und brandgefährdeten Wäldern. Und all das ohne den Einsatz menschlicher Ressourcen.
Groiss verfeinert sein System und gewinnt damit einen Stockerlplatz beim Innovationspreis des Landes Oberösterreich. Ein TV-Porträt in der ORF-Sendung "Oberösterreich heute" zündet dann den Funken: Mehrere Unternehmen klopfen in Schöndorf an. Darunter die voestalpine, die dieser Tage ein Früherkennungssystem für Glutnester in der Kokerei geliefert bekommt.
Dann geht es Schlag auf Schlag: Groiss entwickelt das System technisch weiter, sammelt Kapital von stillen Gesellschaftern aus dem Freundes- und Familienkreis ein und kreiert die bis heute bestehende Unternehmensstruktur: Ein österreichweit ausgelegtes Netzwerk selbstständiger Partner aus den unterschiedlichsten Disziplinen, die auf eigene Rechnung und vor allem mittels zahlreicher Video- und Telefonkonferenzen zusammen arbeiten.
Die Oma lässt grüßen
"Fix angestellt sind nur meine Frau Andrea und unsere Office-Kollegin Sonja Lorenz", erklärt Groiss, "so bündeln wir bei minimalen Personalkosten viel Leistung." Unter anderem des Softwareentwicklers Marcus Mann, des Finanzierungsspezialisten Bernhard Kern sowie der beiden Brandschutzexperten Ralph Egger und Fritz Posch – und des Marketingfachmanns Herwig Hainitz, der mit Groiss die Marke GROMA 247 entwickelt. Aus den Initialen ihres Gründers, dem Zahlencode für Service ohne Unterbrechung und mit Bezug das römische Groma als eines der ältesten Messinstrumente der Welt. Nicht ahnend, dass "Groma" in Groiss' Herkunftsfamilie die gängige Bezeichnung für die Groiss-Oma war. Was Mutter Groiss wiederum entgeistert fragen ließ: "Markus, warum um alles in der Welt hast du denn deine Firma nach der Oma benannt?"
Zur Gründung und Eintragung der Firma – einer GmbH, die inzwischen auch das Land Oberösterreich zu ihren stillen Gesellschaftern zählt – kommt es im Sommer des Jahres 2017, in dem GROMA 247 auch den goldenen Edison von tech2b in der Kategorie innovativ-orientierte Ideen abräumt. "Da hat das Projekt schon so eine Größe gehabt, dass es im Ingenieurbüro nicht mehr richtig Platz gehabt hat", erklärt Groiss.
Brandwache stehen bei Egger
Apropos Platz: 2018 findet das Brandfrüherkennungssystem GROMA 247 erstmals Anwendung in großindustrieller Dimension, und zwar im Hochregallager des Unterradlberger Werkes der Egger Holzindustrie. "Dabei haben wir noch einmal richtig viel gelernt", sagt Groiss, dessen Erfindung die Serienreife mittlerweile so gut wie erreicht hat. Die Hardwarefertigung lässt GROMA 247 von einem Mühlviertler Mechatronikunternehmen besorgen, die Software dazu schreibt es in house. Nun trudeln der Reihe nach Aufträge ein. Für 2019 haben sich Groiss und seine Netzwerkpartner den Verkauf und die Installation von 25 Infrarotüberwachern vorgenommen. Das ist weniger bescheiden als es klingt, denn eine Einheit kostet je nach Modell zwischen 20.000 und 30.000 Euro. "Nichts, was sich eine Firma einfach so anschafft, sondern nur nach sorgfältiger Prüfung", weiß Groiss, "und daher haben wir bei jedem Projekt Vorlaufzeiten bis zu zwei Jahren."
Was heuer außerdem noch ansteht, ist Organisationsentwicklung: Die Ernennung von Prokuristen für die Leitung der Bereiche Technik, Sales sowie Finanzen und Controlling – während sich Gründer Groiss, statt wie bisher um alles, künftig vor allem um die Forschung und Entwicklung annimmt. Mit Vorfreude auf die nicht vermutlich mehr allzu ferne Zeit, "wenn GROMA 247, dieser Säugling, der gerade ins Kleinkindalter übergeht, die Matura macht und auf seinen eigenen Beinen steht."
Mehr zum Start-up GROMA247 gibt's hier!