Förderungen: Der Aufwand lohnt sich!

Hohe Entwicklungskosten, kein Geld am Konto, und keinen Durchblick im Förderdschungel? Start-ups haben (entgegen manchen Gerüchten) in Österreich gute Chancen, Förderungen zu erhalten - welche oft verwendet werden und welchen Aufwand sie verursachen, das erklären uns Georg Schmidinger (Förderungsexperte bei tech2b) und drei tech2b-Start-ups aus ihrer Praxis.

Zum Thema „Förderungen“ sind Start-ups oftmals zwiegespalten: einerseits haben sie die Hoffnung und Erwartung, hier schnell zu Geld zu kommen; andererseits befürchten sie, dass das alles sehr schwierig ist und diese Mittel „sowieso nur die Großen abschöpfen“. Die Realität sieht jedoch anders aus. In Österreich gibt es einige Förderprogramme, die sich speziell an Start-ups richten, bzw. die von Start-ups regelmäßig mit hohem Erfolg genutzt werden.

Ja, eine Förderung zu beantragen ist Aufwand. Egal ob die liquiden Mittel von der der Bank / den Großeltern oder Investor:innen kommen, man muss erklären können, warum eine Finanzierung benötigt wird. Die Beantragung lohnt sich schon allein deswegen, weil sich in der Konzipierung das Produkt und ein Projekt- und Umsetzungsplan konkretisieren. Der Hauptnutzen liegt natürlich darin, dass man Geld für die Entwicklung bekommt, ohne dafür Anteile abgeben zu müssen. Außerdem sehen Investor:innen eine erhaltene Förderung als „Qualitäts-Siegel“, was wiederum die Verhandlungsposition des Start-ups stärkt.

Möglichkeiten und Programme gibt es zahlreiche, man muss sie nur kennen. Ein paar „Förderungs-Klassiker“ bringen uns drei Start-ups näher.

Peter Karacsonyi, Gründer von Kape Skateboards (Kape GmbH)

GS: Peter, das Skateboard wurde in den 1960er Jahren erfunden, und ihr revolutioniert jetzt diese Branche - wie genau?

PK: Wir haben ein neues Produktionsverfahren für Skateboards aus Meeresplastik entwickelt, das beide Nachteile der Boards aus Holz eliminiert: die neuen Boards brechen nicht mehr, und behalten ihre Fahreigenschaften ein Leben lang.

GS: Unglaublich! Wird das nicht eure (großen und internationalen) Mitbewerber auf den Plan rufen, auch Boards aus Kunststoff zu entwickeln?

PK: Genau deshalb ist es wichtig, diese neue Technologie zu schützen und wir haben uns entschieden, ein Patent anzumelden.

GS: Habt ihr das selbst gemacht, und selbst finanziert?

PK: Wir haben dazu den „Patent.Scheck“ der FFG genutzt. Wichtig war hier die Förderung der Kosten, die durch die Patent-Anmeldung angefallen sind. Einen hohen Wert hatte für uns als Patent-Neulinge auch die Einführung in die Welt der Patente, die Mitarbeiter:innen beim Patentamt waren hier sehr hilfreich und kooperativ, uns alles im Detail zu erklären.

GS: das heißt, ihr würdet den Patent.Scheck anderen Start-ups weiterempfehlen? Oder gab’s irgendwelche Schwierigkeiten?

PK: Der Scheck ist eine absolute Empfehlung! Die Beantragung ist unproblematisch und die Abwicklung einfach. Der Scheck ist auch eine gute Basis für weitere Förderungen, da man einen „Track Record“ bei einer Förderstelle und hat und ein Patent auch für weitere Förderungen hilfreich ist. Außerdem war das Patent extrem wichtig für unser erhaltenes Investment, weil die Schützbarkeit ein wichtiges Kriterium für Investor:innen ist. Daher kann ich sagen, dass es uns definitiv auf allen Ebenen geholfen hat!

GS: Danke Peter, und weiterhin viel Erfolg!

Über Kape Skateboards: Die nächste Generation von Skateboards: Kein Splittern. Kein Brechen. Und Pop, der bleibt. Ein Klang wie Holz, ein Gefühl wie Holz, aber kein Holz. Hergestellt in Europa und 100% recyclebar. 8 Jahre Entwicklung und mehr als 350 Prototypen. Für mehr Kontrolle. Mehr Boardgefühl. Mehr Kreativität. Details auf https://kapeskateboards.com/

Factbox: der Patent.Scheck der FFG (https://www.ffg.at/programm/patentscheck) fördert die Überprüfung der Patentierbarkeit und die Patentierung einer Idee mit bis zu 80% von max. € 12.500 (Förderung € 10.000).

Kape Skateboards Gründer Peter Karacsonyi, Bild: Hannes Mautner

Harald Müller, Co-Founder der CompUnity GmbH

GS: Harald, eure Tool-Suite ermöglicht es Unternehmen, Prozess-Digitalisierung schnell und einfach - ohne Programmierkenntnisse - voranzutreiben. Jetzt habt ihr neue Funktionen entwickelt, welche genau?

HM: Mit den neuen Erweiterungen geht es jetzt sogar noch einfacher und schneller. Wir haben intelligente Unterstützungssysteme umgesetzt, die Anwender:innen bei der Umsetzung digitaler Prozesse begleiten. Besonderes Augenmerk haben wir darauf gelegt, dass so rasch wie möglich vollständige und vor allem fehlerfreie Prozessmodelle erstellt werden können. Und das ohne lange Einschulungs- und Einarbeitungszeit.

Technisch formuliert geht es um die modellierungsbegleitende Validierung der Modelle und ein kollaboratives Prüfungswerkzeug der Ablauflogik.

GS: Das klingt ziemlich komplex! Habt ihr das allein entwickelt?

HM: Wir haben dazu das Institut f. Wirtschaftsinformatik – Communications Engineering der Universität Linz als Forschungspartner einbezogen. Zusammen hatten wir die notwendige Expertise für die doch herausfordernde Umsetzung. Plus: sie waren für unsere eigenen Entwickler:innen ein wichtiger Sparring-Partner für die komplexen technischen Zusammenhänge.

GS: Mit dieser Entwicklung und dem Forschungspartner ist ja auch einiges an Kosten auf euch zugekommen - war das ein Hindernis für euch?

HM: Wir haben die Förderung „easy2research“ des Landes OÖ erhalten, die einen Teil der Kosten des Forschungspartners und unserer eigenen Kosten deckt - das war eine große Hilfe.

Für uns ist dieses Projekt strategisch wichtig, weil wir mit den neuen Funktionen weg von Kundenprojekten hin zum Partnervertrieb kommen; ohne Förderung hätten wir die Kosten allerdings so nicht stemmen können.

GS: Die Förderung hat „easy“ im Namen - würdet ihr die Einreichung und Abwicklung auch so bezeichnen?

Harald: Ja! Es war ein verhältnismäßig geringer Aufwand für die Antragstellung, die gesamte Einreichung und Abwicklung gestalten sich (mit etwas Unterstützung) tatsächlich „easy“.

GS: Das heißt, ihr würdet diese Förderung auch anderen Start-ups empfehlen?

HM: Absolut! Noch dazu, weil es im Anschluss die Förderung „easy2market“ für Vertriebs-Aktivitäten gibt - in Summe sind die zwei Förderungen für Start-ups perfekt!

Über CompUnity: Die Compunity Tool-Suite ist eine Software, die es Unternehmen ermöglicht, digitale Abläufe grafisch zu entwickeln und auf Knopfdruck (mittels Low-Code Ansatz) automatisiert umzusetzen. Der Quellcode ist dabei von einem manuell erstellten Code nicht zu unterscheiden. Use cases sind z.B. die Integration von Maschinendaten zur Optimierung und Steuerung von Produktionsprozessen, oder Datenintegrationsprojekte für B2B oder B2C Anwendungen. Details auf https://compunity.eu/

Factbox: easy2research: Förderung von 50% der Projektkosten bis max. € 25.000(maximales Projektvolumen daher € 50.000). Einbindung eines Forschungspartnern mit mind. 15% der Projektkosten.

easy2market: Förderung von 33% der Vermarktungskosten aus dem easy2research Projekt bis max. €10.000 (max. Projektvolumen daher € 33.000). Infos auf https://www.biz-up.at/innovationsfoerderung/foerderprogramme/easy2innovate

Gerald und Eva-Maria Infanger, Gründungsteam der MatheArena GmbH

GS: Die MatheArena ist ja schon im App-Store verfügbar, und ihr wollt sie weiter verbessern - wie genau?

E-MI: Richtig, die App gibt es schon, und wir bringen sie auf das nächste Level, indem wir zwei neue Features entwickeln. Eines davon ist die Live-Darstellung von LaTeX Formeln in einer App inklusive dem Live plotten von Funktionen und dahinterliegender Randomisierung, das ist bisher so noch nicht gelöst. Die andere Funktion ist die adaptive Lernschwierigkeit mittels KI.

GS: Eine Herausforderung, die weltweit noch niemand gemeistert hat. Wie werdet ihr das machen?

GI: Wir binden das SCCH (Software Competence Center Hagenberg) als Forschungspartner ein, wodurch unsere beschränkten Ressourcen um Expert:innen im Bereich KI-Algorithmen erweitert werden, das Thema ist sehr komplex.

GS: Das klingt so, als ob das kein kleines Vorhaben wäre!?

E-MI: Leider ja. Das Projekt wird zwei Jahre dauern, und ca. € 350.000kosten. Zum Glück haben wir ein Basisprogramm der FFG genehmigt bekommen, um einen Teil der Kosten decken zu können.

GS: Das Basisprogramm hat ja hohe Ansprüche an die technischen Inhalte und die Projektbeschreibung. Wie ist es euch mit der Beantragung gegangen?

GI: Ja, die Antragstellung war anstrengend, aber sehr lohnend. Sie hat uns geholfen, den USP herauszuarbeiten und wir wussten danach besser, wo wir mit dem Produkt hinwollen. Unsere Motivation ist gestiegen, weil wir gesehen haben, was das Produkt alles möglich macht. Also hatte die Antragstellung allein einen großen Mehrwert für unsere Unternehmensentwicklung. Der Businessplan hat sich auch weiterentwickelt, weil dieser von der FFG verlangt wurde. Für den Businessplan haben wir dann sogar den ersten Preis beim Wettbewerb „i2b“ in der Kategorie „Dienstleistung, Gewerbe, Handel“ bekommen!

GS: Gratuliere zu dieser wichtigen Förderung und dem ersten Platz! Was könnt ihr anderen Startups diesbezüglich noch weitergeben?

E-MI: Wichtig ist, sich im Vorfeld sorgfältig zu informieren, was für die Beantragung und später für die Abwicklung alles verlangt wird, damit man dann die Unterlagen und Dokumente beisammen hat. Abschließen möchte ich noch sagen, dass wir sehr dankbar für unsere externen Unterstützer:innen sind, ohne die wir von einem Google-Ergebnis „FFG-Basisprogramm“ vermutlich nie zu einer positiven Förderzusage gekommen wären.

 

Pitch: Die App "MatheArena" bringt Lernenden die Mathematik mobil und flexibel näher. Mit sich automatisch an den/ die User:in anpassendem Schwierigkeitsgrad können die mathematischen Themen aufbauend auf neuesten Erkenntnissen zum E-Learning spielerisch in kleinen Häppchen aufbauend, motiviert und ohne Angst in Form von Fragen und Minigames trainiert werden. Der Fokus liegt also direkt auf den Bedürfnissen der Lernenden, um Hemmungen, Ängste und Stressfaktoren weitestmöglich zu reduzieren.

Factbox: Das FFG-Basisprogramm (https://www.ffg.at/programm/basisprogramm) fördert Projekte mit hohem technischen Entwicklungsrisiko, typischerweise ab einer Projektdauer von 12 Monaten und Kosten von € 150.000oder darüber.

Bild: MatheArena GmbH/Renate Schrattenecker-Fischer

In Österreich gibt es einige Förderungen, die einerseits Sinn machen und andererseits überschaubaren Aufwand in der Einreichung und Abwicklung mit sich bringen. Wichtig ist nur, die richtige Förderung in der richtigen Unternehmensphase zu beantragen - dabei helfen wir als tech2b natürlich gerne! Eine Übersicht über Förderungen und Finanzierungen, die von Start-ups oft genutzt werden, haben wir hier zusammengestellt: https://www.tech2b.at/finanzieren

Georg Schmidinger ist seit 2005 im Innovationsumfeld tätig und hat bereits mit über 300 Unternehmen erfolgreich Förderstrategien erstellt und umgesetzt. Er kennt die Wege durch den „Förderdschungel“ Österreichs, nimmt Startups die Angst vor dem Dickicht und begleitet sie bis zu den süßen Früchten einer Förderzusage.

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