„Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts hängt stark von der digitalen Infrastruktur ab“
Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie weiterhin hat, welche Maßnahmen es für einen starken Wirtschaftsstandort braucht und wie er die Inflationsentwicklung einschätzt, erklärt Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ, im Interview.
Wie hat die Corona-Pandemie den Arbeitsalltag in Ihrem Unternehmen verändert?
Schaller: Wir sind in der Arbeitsweise deutlich digitaler geworden. Sichtbar wird das beispielsweise beim Thema Home-Office. Wir haben im ersten Lockdown sehr rasch umgestellt, es waren innerhalb von drei Tagen nur noch ungefähr 15 Prozent der Belegschaft in den Büros. Es war wirklich erfreulich, wie gut das funktioniert hat. Wir haben gesehen, dass Home Office viele Vorteile hat. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jetzt ein bis zwei Tage pro Woche im Home Office.
Wie sehen Sie im Nachhall der Pandemie die gegenwärtigen Probleme bei den Lieferketten, was z.B. Microchips, aber auch Rohstoffe wie Holz anbelangt. Könnte sich das nachhaltig auf die Konjunktur auswirken oder ist das bloß ein vorübergehendes Phänomen?
Schaller: Hier muss man genauer hinsehen. Die Situation bei Microchips ist sicherlich nicht mit der bei Holz zu vergleichen. Die Pandemie hat aber aufgezeigt, dass das System der globalen Lieferketten durchaus auch seine Schwächen hat, wenn große unvorhersehbare Ereignisse eintreten. Die Diskussionen, dass man manches doch lieber vor Ort produzieren oder zumindest im großen Stil lagern sollte, sind ja relativ schnell aufgekommen. Ich glaube, man kann davon ausgehen, dass sich das Problem bei den Lieferengpässen wieder lösen wird. Die Frage ist aber natürlich, wie bzw. wie rasch sich die stark gestiegenen Preise, wie sie derzeit etwa in der Bauwirtschaft zu beobachten sind, in weiterer Folge einpendeln.
Wie wird sich in diesem Zusammenhang die Inflation entwickeln?
Schaller: Ich bin mir nicht sicher, ob die derzeitige Inflation wirklich nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Sollte sich das nicht beruhigen, dann wird die Europäische Zentralbank darüber nachzudenken haben, die Zinsen zumindest leicht anzuheben.
Vor wenigen Wochen wurde in Oberösterreich gewählt. Welche Maßnahmen sind von politischer Seite her notwendig, dass unser Bundesland seine wirtschaftliche Stärke erhalten kann?
Schaller: In vielen Bereichen ist Oberösterreich bereits auf einem sehr guten Weg. Mit der Technischen Universität in Linz etwa wird ein Leuchtturmprojekt umgesetzt, das entscheidende Zukunftsthemen für die heimische Wirtschaft forciert. Darüber hinaus braucht es in den kommenden Jahren aber mehr denn je eine Vielzahl an neuen, gut ausgebildeten Fachkräften. Sie sind gerade in Oberösterreich der entscheidende Standortfaktor. Deshalb gilt es, technische Berufe und Ausbildungen für junge Menschen noch attraktiver zu machen, aber auch zu versuchen, die besten Köpfe aus dem Ausland nach Oberösterreich zu holen. Ziel muss ebenso sein, die Forschungsquote zu heben. Die Attraktivität des Standorts wird aber künftig auch stark von der digitalen Infrastruktur abhängig sein.
Was kann eine Bank hier beitragen?
Schaller: Gemeinsam mit den oberösterreichischen Raiffeisenbanken begleiten die Raiffeisenlandesbank OÖ nicht nur jedes zweite Klein- und Mittelunternehmen, sondern auch mehr als 80 Prozent der Industriebetriebe in Oberösterreich bei ihren Vorhaben und Investitionen. Wir fördern nicht nur Expansionen, sondern helfen mit unserem Know-how auch dabei, neue Märkte zu erschließen. Darüber hinaus verfügt die RLB OÖ über ein umfangreiches Beteiligungsportfolio. Unser Engagement als starker Aktionär trägt auch dazu bei, dass einerseits Start-ups und junge Geschäftsideen ihr Potenzial heben können und andererseits etablierte Unternehmen und ihre Headquater in Oberösterreich bleiben und nicht abwandern.