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Raphael Friedl, tech2b und Jürgen Wahl, Vorstand von EXAA und Business Angel im Interview

[Quelle: Börse Social Magazine]

Jürgen Wahls Strombörse EXAA launchte vor Jahren ein physisches Grünstromprodukt, das aber - weil teurer - trotz Klima-Hype kaum gehandelt wird. Nebenbei agiert er als Company-Builder mit Buy & Hold-Investments bei nachhaltig ausgerichteten Startups. Börsefantasie? Durchaus vorhanden.

Bei den Recherchen für dieses Magazine sind wir auf Sie in an-derer Funktion gestoßen: Als Investor-Urgestein in der Impact/Cleantech-Szene ...
Urgestein ist ein bissl übertrieben aber die Themen Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, die Umwelt- und Energietechnologien und das Impact Investing begleiten mich schon mein ganzes Berufsleben. Begonnen hat es 1993 in Bhutan, wo ich als Entwicklungshelfer mit einem internationalen Team naturnahe Aufforstungsmethoden und ökologisch sowie sozial verträglichen Forststraßenbau unter Einbindung der lokalen Bevölkerung mit umsetzen durfte. Danach habe ich für einen internationalen Konzern über ein paar Jahre ein Abfallsammel- und Verwertungssystem in Österreich mitentwickelt und eingeführt, und damals schon begonnen. Recyclingkreisläufe zu schließen. 2004 haben wir u.a. mit einem internationalen Konsortium ein Wasserkraftwerk in Bulgarien europaweit erstmals mit einer Klimaschutzfinanzierung realisiert oder bspw. ein Wassermanagement-System an einem Fluss in Indonesien gebaut und dazu ein Trainingsprogramm und Servicekonzept entwickelt. Danach war ich jahrelang für Banken, VCs und Finanzierungsinstitutionen als Berater tätig, bis ich 2012 anfing, auch mein eigenes Geld im kleinen Rahmen als Unternehmer und Business Angel zu investieren.

Mit wahlpartners.com arbeiten Sie immer wieder mit tech2b, aber zB auch mit Alois Flatz, an den ich mich noch aus meiner Wirtschafts-Blatt-Zeit erinnern kann, zusammen. Ein von ihm gemanagter Water Fund kaufte damals massiv BWT-Aktien.
Wenn jemand ein Urgestein ist, dann der Alois. Er hat Ende der 90er Jahre einen Nachhaltigkeitsindex entwickelt, den er erfolgreich an Dow Jones verkauft hat. Wasser ist ein Riesen-Thema: Der Zugang zu Trinkwasser ist bei uns eine Selbstverständlichkeit, aber in Schwellen- und Entwicklungsländern leider immer noch ein großes Problem, das sich durch den Klimawandel leider zu verschärfen droht. So gesehen, haben solche Investitionsvehikel wie der SAM Water Fund ihre absolute Berechtigung, da Sie Kapital dort hinschaffen, wo es große Probleme lösen kann. In und um Österreich herum gibt es hervorragende Start-ups, denen es immer wieder mit top ausgebildeten Gründern und smarten Ideen gelingt, erstklassige Unternehmen aufzubauen.

Bitte um Beispiele, bei denen Sie dabei sind.
Ecoduna mit Sitz in Bruck/ Leitha stellt über ein energiesparendes industrielles Produktionsverfahren aus Algenbiomasse u.a. Omega-3-Fett-säuren für die Nahrungsmittelindustrie her, das hilft zB, der Überfischung der Weltmeere entgegen zu wirken. Der erste Businessplan ist zusammen mit den beiden Gründern auf meinem Schreibtisch entstanden. Mittlerweile gibt es mehr als 200 Aktionäre und das Potenzial an die Börse zu gehen.

Fishcon GmbH: Bernhard Mayerhofer hat eine smarte Fischwanderhilfe gerade zum richtigen Zeitpunkt entwickelt, denn ab 2027 muss laut EU-Wasserrecht bei jedem Querbauwerk in einem Fluss in Europa eine derartige Hilfe eingebaut sein. Die Fischwanderhilfe von fishcon ist eine plug and play-Lösung, die gleichzeitig als „Fischlift“ fungiert und über eine Kleinturbine auch Strom produzieren kann. Übrigens lieben die Fische die ersten Pilotanlagen.

Mit der Gut GmbH, beitreiben wir ein Abfallsammel- und –verwertungssystem für Verpackungen und Gastronomieabfälle. Da haben wir schon vor 25 Jahren begonnen, die bei der Gut lizenzierten Verpackungen getrennt zu sammeln und einer stofflichen Verwertung zuzuführen. Alle organischen Abfälle, wie beispielsweise die Schnittreste von Gemüse, Kaffeesud, Speisereste, etc. werden in Biogasanlagen in Strom und Wärme verwandelt und die Gärreste als wertvoller Dünger auf die Felder verbracht. Altspeiseöl wird von unseren Verwertungspartnern zu Biodiesel verarbeitet.

Rewellio GmbH ist ein Unternehmen, das eine Plattform für digitale Schlaganfalltherapien entwickelt hat, die mit herkömmlichen Geräten wie Smartphones und Tablets sowie Virtual Reality-Brillen bedient werden.

Ecofly GmbH: Die „Herren der Fliegen“ haben ein industrielles Verfahren zur Zucht der Larven der Soldatenfliege entwickelt. Die Larven dienen als wertvoller Eiweißfuttermittelersatz in der Fisch- und Hühnerzucht. Durch heimisch produziertes Insekteneiweiß können Sojaimporte verringert werden.

Raphael Friedl, GF tech2b. Neben dem Fokus der Gründungsberatung setzt tech2b auch auf die Initiative Pier 4 - ein Dock für Industrie, Startups und ihre Ideen. Drastil fragt ...

... UND WELCHE ROLLE SPIELT TECH2B BEI DEN STARTUPS DIESER MAGAZINE-STRECKE?

Herr Friedl, vorab: Wer ist tech2b?
Raphael Friedl:tech2b unterstützt GründerInnen in Ober-österreich mit Knowhow, Kapital und Kontakten, um aus Ideen Geschäftsmodelle und Produkte zu entwickeln. Darüber hinaus hilft tech2b den Startups, ihre Produkte selbst oder gemeinsam in Kooperation mit den führen-den Unternehmen des Landes auf den Markt zu bringen und somit zu wachsen. Wir bieten eine 360 Grad Betreu-ung: Coaching, Mentoring, Infrastruktur, Weiterbildung,  Netzwerk, Finanzielle Unterstützung. Wir unterstützen in Branchen wie Mechatronik, Life Science, IT, Umwelt & Energie, Medizintechnik oder design-orientierte Projekte.

Und welche Rolle spielt tech2b bei den Startups in dieser Magazine-Strecke?
Das Rezept für ein erfolgreiches Unternehmen ist ein starkes Team, eine gute Idee und der richtige Zeitpunkt. Bei den Beispielen im Beitrag ist alles gegeben. Neben dem Team, sind Technik, Markt, Finanzen und die Strategie dazu auch besonders wichtig. tech2b hilft, all das im richtigen Blick zu haben und das nötige enorme Durchhaltevermögen aufzubringen.

Also ein bisschen Motivator für zB Rewellio, Fishcon oder Ecofly auch?

Ja. Startups wie Rewellio, Fishcon oder Ecofly haben unser Programm durchlaufen und einen souveränen Markteintritt geschafft. Unsere langjährige Erfahrung ermöglicht es uns, unsere Gründungsteams in den richti-gen Momenten unterstützen zu können, zB. wenn es um Finanzierungs-, Vertriebs-, oder Marketingthemen geht.

Ich habe von Börsenotierten aus OÖ auch von eurer Initiative Pier 4 gehört. Bitte um ein paar Worte dazu ...
Pier 4 ist seit 2017 unser Dock für Industrie, Startups und ihre Ideen. Es vernetzt etablierte oberösterreichische Leitbetriebe mit Startups, wodurch neue Geschäftsmodelle und Produkte entstehen. Unternehmen profitieren von der Expertise im Umgang mit Startups, Innovation und Change. Sie erhalten außerdem Zugang zu einem Netzwerk und zur Plattform für Erfahrungs- und Wissensaustausch im Umgang mit Innovation. Bereits 17 Industriebetriebe dockten am Hafen von Pier 4 an, darunter Borealis, KTM, Lenzing, Pöttinger und Engel.

Im Bereich Medizintechnik habt Ihr in OÖ sogar ein eigenes Gründungsprogramm gestartet ......
weil die Medizintechnik ein vielversprechendes Zukunftsfeld mit enormem Potentzial für OÖ ist. Die Erfahrung zeigt, dass potenzielle GründerInnen mit medizintechnischen Ideen im Vergleich zu anderen Gründungsprojekten besondere Erfordernisse haben und deshalb eine darauf angepasste Unterstützung brauchen. Vor allem solche Vorhaben, deren Produkte zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden und daher entsprechend der europäischen Verordnungen für Medizinprodukte und In Vitro-Diagnostika zugelassen werden müssen, benötigen im Allgemeinen signifikant längere Entwicklungszyklen und höhere finanzielle Aufwendungen. Aus Erfahrungen mit Gründungsvorhaben wie rewellio heraus hat tech2b gemeinsam mit dem Medizintechnik-Cluster (MTC) unserer Standortagentur Business Upper Austria mit ‚Scale-up-MedTech‘ ein auf diesen besonderen Bedarf abgestimmtes Gründungsprogramm entwickelt.

Und wo soll die tech2b-Reise künftig generell hingehen?

Wir wollen GründerInnen noch stärker bei der Internationalisierung ihrer Unternehmen unterstützen. Das Angebot wird von der Analyse ausländischer Zielmärkte über die strategische Markteintrittsplanung bis zur Ausführung über unser internationales Partner-Netzwerk reichen. Ein weiterer Fokus wird sein, größere Finanzierungen für Startups, vor allem aus dem Ausland, nach OÖ zu holen. Mit dem Hightech-Fonds sind wir in OÖ gut aufgestellt, darüber hinaus gibt es aber Bedarf bei Folgefinanzierungsrunden, dem wir mit internationalen Investoren begegnen wollen.

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