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Damit man's hat, wenn man's braucht: Strukturierte Finanzierung für Start-ups

Foto: Pixabay

"Du brauchst einen Plan", ist das Mantra der Gründer: Einen Plan dafür, wie aus einer Produktvision ein marktfähiger Prototyp und wie aus einem Geschäftsmodell ein einträgliches Business werden soll. Und dann braucht es, natürlich, einen Plan dafür, woher die Mittel dafür kommen sollen. Planung verlangt und erschafft Strukturen. "Unstrukturiert ist eine Finanzierung dann, wenn ich schnell irgendwie ein Loch stopfe", sagt Jörg Schlipfinger, der in seiner Eigenschaft als Projektmanager und Gründerberater bei tech2b Start-ups dabei unterstützt, Ordnung und eine klare Perspektive in ihre Finanzierungsplanung zu bekommen. "Eine strukturierte Finanzierung sorgt im Idealfall dafür, dass es gar kein Loch gibt."

Schlipfinger weiß nicht nur dank seines Studiums und seiner beraterischen Erfahrung, wovon er da spricht: In seiner abwechslungsreichen Laufbahn hat er selbst Start-up-Erfahrung gesammelt, zuletzt einige Jahre lang als kaufmännischer Geschäftsführer des Agrar-IT-Spezialisten SmartBow. Dort stand Schlipfinger vor der Herausforderung,  mehrere Millionen Kapital aufzutreiben – in einer Phase, als das Unternehmen schon 30 Angestellte und damit tonnenschwere Kosten hatte. "Wenn man seinen Enthusiasmus nicht verliert und unerschütterlich an sein Produkt glaubt, dann steht man das durch", hat der Finanzierungsprofi dabei gelernt.

Fantasie und Taschenrechner
Leidenschaft und Glaube allein öffnen die Herzen und Geldtaschen der Geldgeber jedoch noch nicht, Wer sich Geld auf dem Förder- und Kapitalmarkt beschaffen will, muss glaubhaft darlegen können, wofür er in welchem Zeitraum wieviel Geld brauchen wird. Mit einem Geschäftskonzept inklusive Finanzplan, der den einzelnen Teilelementen des Gesamtprojekts Kostenblöcke zuordnet. Und Szenarien für die verschiedenen Eventualitäten, mit denen sich das Unternehmen konfrontiert sehen könnte.

Diese Visionierungs- und Rechenarbeit hat David Kitzmüller schon abgeschlossen. Der ehemalige Marketingleiter von karriere.at hat sich mit einem Partner selbstständig gemacht und das Start-up Oktav gegründet, um die Musiker dieser Welt per Streaming mit Noten zu versorgen. "Wir haben ein Basisszenario, ein Worst-Case-Szenario und ein Szenario für den Fall, dass es viel besser läuft als wir annehmen."

Kenne deine Zahlen!
Eine solche Planung gibt die relative Sicherheit, von unerwarteten Entwicklungen nicht unversehens am Standbein erwischt zu werden – und Spielraum, um  rasch gegenzusteuern. Den schafft man sich, indem man stets genaue Kenntnis von den Zahlen hat. Besonders, wenn die Ausgaben über den Einnahmen liegen. "Handle immer rechtzeitig", rät Schlipfinger allen seinen Start-ups, "denn unter Druck triffst du leicht die falschen Entscheidungen."

Vor falschen Entscheidungen ist Oktav bestmöglich gefeit: Ein ganzes Arbeitsjahr steckt in der Planung, die "mit einem leeren Excel-Sheet begonnen hat", wie Kitzmüller erzählt. "Das füllt man dann allmählich mit Zahlen: Wie viele Musiker werden unser Produkt realistischerweise kaufen? Wie oft werden sie bestellen? Wie viele Kunden werden wir wieder verlieren? Welche Kosten habe ich, bis ich mit dem Produkt auf den Markt gehen kann und bis es sich zu verkaufen beginnt, und wann ist der Breakeven erreicht?"

Freunde und Fantasten
Über all dem haben Kitzmüller und sein Co nicht vergessen, auch an sich selbst zu denken. "Natürlich nehmen wir als Gründer jetzt deutliche Einbußen in Kauf, aber wir führen ja kein Studentenleben mehr und wollen nicht gezwungen sein, in einer 20-m2-Gründer-WG zusammenzuziehen." Im schlimmsten Fall, "dem Worst-Worst-Case", wie ihn Kitzmüller nennt, würden die Familien einspringen.
Sie gehören zu den berühmten "drei F", die vielen Start-ups finanziell unter die Arme greifen, wenn Startförderungen und Anschubfinanzierungen aufgebraucht sind: Family, Friends, and Fools. Oft genug überbrücken die Fantasten, Freunde und Familienangehörigen die Finanzierungslücke, die häufig zwischen dem Startphasenende und den ersten Einnahmen entsteht. "Von einem Bankkredit brauche ich da eigentlich gar nicht abzuraten", sagt Schlipfinger, "denn so einen bekommt in dieser Situation ohnehin niemand." Fremdkapital mit Bankursprung sei ebensowenig das richtige Mittel zur Verwirklichung einer Geschäftsidee wie für die Finanzierung des eigenen Gehalts in den ersten zwei Jahren, die man nach Schlipfingers Beobachtung, als Gründer ohne nennenswertes Einkommen durchstehen müsse.

Letzte Ausfahrt Liquidierung
Dennoch sei es klug, schon bald bei Banken vorstellig zu werden, um die richtige für später zu finden.
Risikokapital sei eine andere Geschichte, doch dürfe man nie das Geld über alles andere stellen. Kapitalgeber und -nehmer müssen zueinander passen, aneinander glauben und einander Zeit geben. "Sonst bist du deine Firma schneller an den Kapitalgeber los als du glaubst", warnt Schlipfinger. Ein schneller und gewinnbringender Exit dürfe nicht das oberste Ziel sein: "Am Anfang solltest du hohe Freiheitsgrade haben."

Einen ganz anderen Exit hat eine gute Finanzplanung jedoch immer im Blick: Nicht den Verkauf des Unternehmens, sondern seine Liquidierung. "Wenn klar ist, dass die Geschäftsidee keinen Erfolg haben wird, muss man das ganze Projekt so herunterfahren und beenden können, dass kein bleibender Schaden entsteht", sagt Schlipfinger nüchtern, "vor allem nicht für die Gründer. Die tragen ohnehin schon das ganze Risiko und sollen nach einem Scheitern nicht jahrelang finanziell dranhängen müssen. Und das kann man durch eine gute Planung vermeiden."

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