Alles, was Recht ist
Mit der trockenen Materie Arbeitsrecht sind Start-ups ab der Einstellung des ersten Mitarbeiters konfrontiert. tech2b Human Ressource Managerin Romana Fuchs weiß, wie man folgenschwere teure Fehler am einfachsten vermeidet.
Oftmals gibt es Dinge, die man eigentlich nicht so genau wissen will. Zum Beispiel was man als Unternehmer beim Anstellen von Mitarbeitern alles falsch machen kann und wie schnell einem das eine harte Geldstrafe oder gar eine Vorladung auf das Arbeits- und Sozialgericht eintragen kann.
Romana Fuchs HR und Arbeitsrechts Expertin beim oberösterreichischen Inkubator tech2b hat die Gabe, Letzteres mit einprägsamen Beispielen aus der Praxis eindringlich zu vermitteln. So effektvoll, dass sich schon so mancher Teilnehmende an ihrem jährlichen tech2b-Intensivseminar in Sachen Arbeitsrecht geschworen hat, nie jemanden einzustellen.
Keine Zeit für Arbeitsrecht
Wachstum zu verhindern ist allerdings das Letzte, was die energiegeladene HR Managerin mit Schwerpunkt Human Resources im Allgemeinen und Gender- und Diversityfragen im Besonderen will. Im Gegenteil: Sie will nur verhindern, dass die ihr bei tech2b anvertrauten Gründerteams bei der Anstellung ihrer ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die gefährlichsten Fallen des Arbeitsrechtes tappen – mit Folgen, die dann erst recht wachstumshemmend sind.
Wie schnell das passieren kann, weiß Fuchs nur allzu gut: "Seinen ersten Mitarbeiter braucht ein Start-up fast immer in einer Phase des schnellen Wachstums, in der man als Gründer tausend Dinge gleichzeitig wissen, entscheiden und machen soll. Da hat begreiflicherweise niemand die Zeit und die Nerven, sich ins österreichische Arbeitsrecht zu vertiefen."
Den Steuerberater machen lassen
Umso mehr die Materie anfangs so trocken schmeckt wie altes Brot. Auch Fuchs, die nach einer Tourismusausbildung in der Geschäftsführung einer Schlosserei assistierte und dann Jahre lange im Eventmanagement tätig war. Bis sie, wiederum als Assistentin der Geschäftsführung, in einem Forschungsunternehmen mit Human-Resources-Aufgaben betraut wurde und sich an der Johannes Kepler Universität und am WIFI ins Arbeitsrecht vertiefte: "Wenn man sich damit beschäftigt, kommt man drauf, wie wichtig Arbeitsrecht für jedes Unternehmen ist."
Seine Mechanik zu verstehen, sei nicht nur spannend, sondern mitunter auch finanziell lohnend: In besagtem Forschungsunternehmen kam Fuchs drauf, dass man dort jahrelang vergessen hatte, das ausbezahlte Krankengeld von der AUVA zurückzufordern. "Durch die Rückerstattung ist dann ein namhafter Betrag am Firmenkonto eingegangen", sagt Fuchs, die allen Neulingen empfiehlt, von Anfang an auf professionelle Unterstützung zurückzugreifen: "Ich sage allen Start-ups, dass sie gleich ein Gesamtpaket mit ihrer Steuerberatung aushandeln sollen, damit die das ordnungsgemäße An- und Abmelden von Mitarbeitern plus die Lohnverrechnung mitmacht."
Doch selbst wenn mit dem Delegieren an das Steuerberatungsbüro Unerlässliches wie das Eröffnen der einzelnen Mitarbeiterkonten bei der Gesundheitskasse und der Mitarbeitervorsorge in sicheren Händen ist, kann immer noch genug schiefgehen. Der Hindernisparcours beginnt schon beim Bewerbungsgespräch: "Wenn man laut sagt, dass man jemanden aufgrund seines Geschlechts oder seines Alters nicht einstellen wird, kann das ein Unternehmen schon eine Entschädigung in der Höhe von bis zu drei Monatsgehältern kosten, wenn es bei der Arbeiterkammer angezeigt wird."
Leichte Beute für Kontrolleure
So auch bei den Dienstverträgen, die häufig zum Gegenstand arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen werden. Zum Beispiel, wenn Unternehmen den Kollektivvertrag ignorieren und ein niedriges Gehalt vereinbaren als etwa im Kollektivvertrag vorgesehen. Oder wenn sie die teure Festanstellung mit freien Dienst- oder Werkverträgen zu umgehen versuchen: "Damit macht man den Prüfern bei einer Kontrolle der Gesundheitskasse die größte Freude", weißt Romana Fuchs. "Das kann dann eine Lawine kosten, nämlich eine saftige Geldstrafe plus die Nachzahlung von Gehalt und Versicherungsbeiträgen."
Nie vergessen dürfe man, im Dienstvertrag eindeutig festzuschreiben, in welcher Funktion, mit welchen Aufgaben und an welchen Dienstorten der neue Mitarbeiter beschäftigt werde, warnt die Fachfrau in Sachen Arbeitsrecht: "Wenn nicht drin steht, dass er auch zu anderen Aufgaben herangezogen oder an einem Filialstandort beordert werden kann, kann sich der Mitarbeiter weigern bzw. für jede Fahrt zum nicht angeführten Dienstort Reisespesen verrechnen."
Hilfe bei heiklen Themen
Ein ganz heikles Thema ist die Anstellung von Studierenden aus dem Ausland, insbesondere von außerhalb der Europäischen Union. "Diese Mitarbeiter brauchen eine Einverständniserklärung des AMS – das hier sehr schnell und professionell agiert – und eine Rot-Weiß-Rot-Card." Darüber wacht die argusäugige Finanzpolizei.
Nicht minder heikel sind Kündigungen, die es auch in Start-up schnell einmal gibt: "Die ersten Mitarbeiter werden häufig aus dem Freundes- und Familienkreis rekrutiert", beobachtet Fuchs. "Das macht es für die Gründer umso schwerer, die Chef-Rolle zu lernen. Oft funktionieren solche Arbeitsbeziehungen nicht, und man muss sich trennen."
Wird das nicht gesetzeskonform abgewickelt, kann es ebenfalls teuer werden. "Das ist leider generell die Crux mit dem Arbeitsrecht", bedauert Fuchs: "Weil man aus Fehlern immer lernt, soll man sie nicht mit aller Gewalt vermeiden. Aber Fehler im Zusammenhang mit dem Arbeitsrecht können ein Start-up so teuer zu stehen kommen, dass es bis zur Existenzgefährdung geht. Daher ist es klug, von Anfang an die professionelle Hilfe eines Steuerberaters, die Erfahrungen anderer Gründer sowie die Beratung der Wirtschaftskammer und von uns bei tech2b in Anspruch zu nehmen."
Dos and Don’ts für ArbeitgeberInnen bei der Einstellung von MitarbeiterInnen - folgen in Kürze!!